
„Unser Facebook/WhatsApp/unsere Webseite wurde gehackt.“ Kaum eine Erklärung liest sich so entlastend und geheimnisvoll zugleich. Wenn irgendetwas schiefgeht — Login weg, Shop offline, Mailkonten durchgesickert — ist die Reflexantwort schnell parat: Hacker. Praktisch: kein Fingerzeig nach innen, keine Fehleranalyse, keine Verantwortung. Aber so einfach ist die Welt nicht.
Hacker gibt es — ja. Manche Angriffe sind hochprofessionell, ausgeklügelt und schwer abzuwehren. Aber die Mehrheit der Vorfälle hat nichts mit Hollywood-Hackern zu tun, sondern mit schlampigen Konfigurationen, veralteter Software, Phishing, einfachen Passwörtern oder fehlenden Backups. „Es waren die Hacker“ ist oft schlicht: Ausrede.
Was zu oft übersehen wird (und warum das Wort „Hacker“ zu kurz greift)
• Fehlende Backups = Todesurteil. Wenn das Backup fehlt oder veraltet ist, hilft auch kein Schuldzuweisungs-Tweet.
• Schwache Zugangsdaten: „Passwort123“ + E-Mail + verlorene Kontrolle = Einladung.
• Keine Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA/OTP): Ein zusätzlicher Code kostet Sekunden — kann aber einen Account retten.
• Veraltete CMS/Plugins/Themes: Ein seit Monaten ungepatchtes Plugin ist ein offenes Fenster.
• Fehlende TLS/HTTPS oder unsichere Server-Konfigurationen: Daten laufen im Klartext.
• Social Engineering / Phishing: Nutzer werden manipuliert — das ist menschlich, kein Mythos.
• Kein Monitoring / keine Logs: Wenn nichts aufgezeichnet wird, kann man den Vorfall nicht rekonstruieren.
Kurz: viele „Hacks“ sind die Folge unzureichender Grundhygiene — nicht übernatürlicher Fremdeinwirkung.
Was wirklich schützt (keine magische Formel — aber sehr wirksam)
Wenn man sich an aktuelle Empfehlungen hält, sinkt das Risiko massiv. Schutz heißt nicht „unverwundbar“, aber es heißt: verantwortungsvoll, nachvollziehbar, vorbereitet.
Konkrete Maßnahmen, die wirklich helfen:
1. Regelmäßige Backups — automatisiert, versioniert, und an einem externen Ort getestet (Wiederherstellung üben!).
2. Starke Passwörter + Passwortmanager — lange, zufällige Passwörter; niemals mehrfach verwenden.
3. Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA/OTP) — für alle wichtigen Konten: E-Mail, Admin-Zugänge, Hosting, Social.
4. Sofortige Updates & Patch-Management — CMS, Plugins, Server, Bibliotheken; zeitnah patchen.
5. Principle of Least Privilege — nur die Berechtigungen geben, die wirklich nötig sind.
6. HTTPS/TLS korrekt eingerichtet — heute Standard, keine Diskussion.
7. Monitoring & Logging — frühzeitige Erkennung, forensische Nachverfolgung.
8. Regelmäßige Sicherheitschecks — einfache Scans bis hin zu Pen-Tests bei sensiblen Systemen.
9. Mitarbeiter-Schulung gegen Phishing — Menschen sind Teil der Verteidigung.
10. Incident-Response-Plan — wer macht was, wenn’s doch brennt?
Wer diese Punkte konsequent umsetzt, reduziert die Angriffsfläche drastisch. Darauf „es waren die Hacker“ als Entschuldigung zu schieben, ist dann wenig plausibel.
Warum die „Hacker-Ausrede“ gefährlich ist
• Lerndefizit: Man lernt nichts aus dem Vorfall, weil man Ursachen nicht untersucht.
• Wiederholungsgefahr: Fehler bleiben bestehen — nächster Vorfall garantiert.
• Reputationsrisiko: Wenn Kunden oder Nutzer merken, dass Basics fehlen, schadet das mehr als ein transparenter Umgang.
• Kosten: Reparatur nach einem Crash kann teurer sein als Investitionen in Prävention.
Ein kurzer Reality-Check
Ja, es gibt hochprofessionelle Angreifer. Ja, manchmal schlittert man trotz guter Vorkehrungen in eine Kompromittierung. Aber das ist die Ausnahme — nicht die Regel. Verantwortungsvolles Handeln senkt Risiken; Nachlässigkeit erhöht sie. Es geht nicht darum, Angst zu verbreiten, sondern um Realitätssinn: Technik und Prozesse müssen stimmen.
Fazit — Verantwortung statt Ausreden
„Hacker“ als Pauschalantwort ist bequem, aber meist unglaubwürdig. Wer seine Systeme vernünftig sichert — Backups, starke Passwörter, OTP/2FA, Updates, Logging und ein bisschen Hygiene — wird nicht dauernd „gehackt“. Das heißt nicht „niemals“, aber es heißt: keine Ausreden mehr. Fehler eingestehen, Ursachen beheben, absichern — das ist die zivilisierte Art, mit dem Web umzugehen.
Und wer weiterhin bei jedem Problem „die Hacker“ ruft, der sollte erstmal seine Backups prüfen.
Marc Marcus Matuszak